Auszug aus dem Kapitel 3.B. "Wie Deutschland dem Kollaps des Rentensystems entgeht und die Rente langfristig sichert" aus „Neustaat“ von Nadine Schön und Thomas Heilmann
Seit Einführung der gesetzlichen Rente durch die Bismarck’schen Sozialreformen wurde das schützende Dach über dem Rentenalter in Deutschland immer breiter. Dieses Dach ruht auf drei Säulen: auf der gesetzlichen Rentenversicherung mit einem Volumen von ca. 330 Mrd. Euro pro Jahr, auf den betrieblichen Rentenversicherungen mit PEN einem Volumen von ca. 30 Mrd. Euro pro Jahr und auf der privaten Altersvorsorge, insbesondere der Riesterrente, mit einem Volumen von ca. 10 Mrd. Euro pro Jahr. Die größte und wichtigste unter dieser Säulen ist die gesetzliche Rentenversicherung. Sie basiert auf dem sogenannten Umlagesystem. Zwei Drittel der Rentenauszahlungen werden durch einen Direkttransfer der monatlich gezahlten Beiträge der jüngeren Generationen gedeckt. Diese Umlage kann aber aufgrund des demografischen Wandels den Bedarf nicht vollends decken. Das fehlende Drittel wird darum über einen Steuerzuschuss aus dem Bundeshaushalt querfinanziert. Dieser beläuft sich im Jahre 2018 auf ca. 70 Mrd. Euro.
Unser derzeitiges Rentensystem ist ein Kind der Nachkriegszeit. Am 21. Januar 1957 erlebte der Bundestag eine der wichtigsten und weitreichendsten Abstimmungen seiner Geschichte. Die Gesetze zur Neuregelung der Rentenversicherung wurden mit den Stimmen von CDU und SPD verabschiedet. Von nun an zahlte die junge, erwerbstätige Generation Beiträge in die Rentenkasse ein, aus denen die Renten für die nicht mehr erwerbstätige alte Generation gezahlt wurden - das sogenannte Umlageverfahren. Zudem wurde die Rentenhöhe jährlich an die Lohnentwicklung angepasst: steigende Löhne, steigende Einnahmen, steigende Renten. Für diese neu gefundene Rentenformel setzte sich schnell der Begriff „Generationenvertrag“ durch - die Jungen finanzieren die Alten, und wenn sie eines Tages selbst alt sind, werden sie wiederum von der nächsten Generation finanziert.
Der damalige Wirtschaftsminister Ludwig Erhard plädierte für ein anderes System: das sogenannte Kapitaldeckungsverfahren. Hier sollten die Beiträge während des eigenen Erwerbslebens angespart und dann - im Idealfall verzinst - bei Renteneintritt schrittweise ausgezahlt werden. Jede Generation hätte so für sich selbst gespart. Aber damit konnte er sich gegen Bundeskanzler Konrad Adenauer und sein Umlageverfahren nicht durchsetzen.
Für die Abgeordneten, die dem Vorschlag Adenauers folgten und die neue Rente verabschiedeten, war es genau die richtige Entscheidung, um den sozialen Frieden und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. Und in der Tat: Die Rentenreform von 1957 passte hervorragend zur Situation einer jungen, kinderreichen, wachsenden Gesellschaft, wie sie die Bundesrepublik Deutschland damals war. Den Generationen von Weltkrieg und Wiederaufbau wurde damit garantiert, dass sie am gerade begonnenen Wirtschaftswunder teilhaben konnten. Sie durften die Früchte ihrer Lebensleistungen auch im Alter genießen.
Doch alle drei Säulen, auf denen die Rentenformel basiert, begannen schon bald zu bröckeln. Es gab weniger Nachwuchs: Brachten Frauen damals im Schnitt noch gut zwei Kinder zur Welt, sind es seit 1970 relativ konstant knapp 1,5 Kinder. Es gab weniger Wachstum: Waren in den Jahren des Wirtschaftswunders noch Wachstumsraten zwischen fünf und zehn Prozent die Regel, sind es seit den Ölkrisen der 1970er-Jahre meist zwischen einem und drei Prozent. Und die Deutschen werden immer älter: Die Länge der Ruhestandsphase, die im Jahr 1960 noch 30 Prozent des Arbeitslebens entsprach, stieg seit Beginn des 21. Jahrhunderts auf mehr als 40 Prozent an. Insgesamt gibt es also weniger Einzahler und mehr Empfänger, die außerdem noch länger Rente beziehen. Die Annahmen bei Einführung des Rentensystems passen immer weniger zur deutschen Realität.
Seit nunmehr vier Jahrzehnten wird es deshalb immer wieder passend gemacht: mit Beitragserhöhungen und Leistungskürzungen, mit Änderungen der Rentenformel - und mit staatlichen Zuschüssen. Sie betrugen zum Zeitpunkt der Adenauer’schen Rentenreform noch weniger als zwei Milliarden Euro. In den 70er- und goer-Jahren indessen nahmen sie mehr und mehr zu. Trotz der guten wirtschaftlichen Entwicklung seit 2005 und der vom früheren SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering eingeführten „Rente mit 67“ stiegen sie weiter auf 70 Milliarden Euro im Jahr 2018 - eine Steigerung von 4000 Prozent seit 1957! Hinzu kommt ein weiterer Zuschuss von über 30 Milliarden Euro für sogenannte versicherungsfremde Leistungen wie die Mütterrente oder zukünftig die Grundrente. Diese Summe von insgesamt 100 Milliarden Euro wird lediglich konsumiert und nirgends angelegt. Sie entspricht fast einem Drittel des Bundeshaushalts für 2020, der mit einem Volumen von 356 Milliarden geplant wurde.
Und ein Ende der steigenden Zuschüsse ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Denn die größte Herausforderung steht dem Rentensystem noch bevor: die Rente der Babyboomer. Noch stehen diese besonders geburtenstarken Jahrgänge der 1960er-Jahre in Lohn und Brot. Doch wenn sie in den kommenden 15 Jahren aus dem Arbeitsmarkt ausscheiden, wechseln sie in Massen von der Seite der Renteneinzahler auf die Seite der Rentenempfänger. Einigermaßen stabile Renten werden angesichts dieser demografischen Entwicklung nur bei weiter steigenden Steuerzuschüssen möglich sein. Was genau das heißt, haben wir einmal hochgerechnet.
Schon bei einer eher konservativen Modellrechnung wären, um die Rente auf heutigem Niveau zu sichern, im Jahr 2050 satte 330 Milliarden Euro als Steuerzuschuss nötig. Noch einmal zum Vergleich: Der Bundeshaushalt 2020 hat ein Gesamtvolumen von etwa 356 Milliarden Euro. Würde man den Zuschuss auf 200 Milliarden Euro pro Jahr deckeln, entstünde bis 2050 eine Deckungslücke von insgesamt einer Billion Euro. Durch die Ansprüche der derzeit noch einzahlenden Menschen bestehen diese Verbindlichkeiten bereits jetzt als sog. implizite Staatsverschuldung. Wie auch immer wir es drehen und wenden: Langfristig wird das Umlagesystem Lasten erzeugen, die unser Staat nicht tragen kann. Der Generationenvertrag, mit dem sich die Bundesrepublik des Jahres 1957 Luft verschaffte, führt nun im 21. Jahrhundert zu Atemnot.
Das wird auch durch die Ergebnisse der Rentenkommission bestätigt, Diese erkennt an, dass in regelmäßigen Intervallen das Rentenniveau und die einzuzahlenden Rentenbeiträge neu diskutiert werden müssen. Dies ist ein demokratischer Verhandlungsprozess, der die Lasten zwischen den Generationen verteilt. Diese Verteilung zwischen Rentnern und Arbeitenden gerecht auszutarieren, wird eine politische Aufgabe der nächsten Jahrzehnte bleiben. Wir fragen uns, ob wir, davon unabhängig, unser Rentensystem effizienter und damit zukunftssicherer machen können. Lässt sich unser Umlagesystem weiter entwickeln?
Dazu müssen wir verstehen, was die genauen Vor- und Nachteile eines Umlageverfahrens, wie Adenauer es für Deutschland durchgesetzt hat, und Konsens, dass Altersvorsorge einer Kapitaldeckung, des von Ludwig Erhard bevorzugten Systems, tatsächlich sind.
Für ein umlagefinanziertes System spricht, dass Kapitaldeckungsverfahren es gegenüber der Inflation gesichert ist, da Rentenbeiträge von der derzeit arbeitenden Bevölkerung erfolgen sollte. Allerdings ist damit auch Nachteil erläutert. Böse formuliert, lebt die kollektive Rentenversicherung im Umlageverfahren von der Hand in den Mund: Was Arbeitnehmer als Rentenbeiträge einzahlen, wird den Rentnern ausgezahlt. Damit sind zukünftige Einzahler in einem Land wie Deutschland mit länger lebenden Beziehern und perspektivisch schrumpfender Erwerbsbevölkerung steigenden Lasten ausgesetzt. Dafür sind die Risiken des Kapitalstocks dem Umlageverfahren wiederum fremd: Es gibt nicht nur keine Wertschwankungen des Anlagevermögens, sondern auch keine politischen Begehrlichkeiten. Diesen fiel der Kapitalstock der Rentner im Deutschen Reich zum Opfer. Er wurde im Ersten Weltkrieg zu dessen Finanzierung missbraucht und so weitgehend vernichtet.
Damals war der Kapitalstock noch rein national - in einer Welt mit harten Grenzen auch für Kapital. Heute kann Anlagevermögen so gestreut werden, dass man an wachsendem Wohlstand überall in der Welt teilhaben, das Risiko also viel besser streuen und damit reduzieren kann. So lassen sich weltweite Renditen auch in Rentenkassen wiederfinden.
Betrachtet man die Vorteile und Risiken beider Systeme, würden wir mit Einführung eines Kapitalelements in unsere Umlagefinanzierung die Systeme miteinander kombinieren. „Es
ist wissenschaftlicher Konsens“, sagt Prof. Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging, „dass Altersvorsorge möglichst aus einem Mix aus Umlageverfahren und Kapitaldeckungsverfahren erfolgen sollte“ - und wir schlagen einen Weg vor, auf dem der Übergang in ein derartiges System erreicht werden kann. Einen Weg, der Erhard und Adenauer zusammenführt.
2,5 % des Bruttolohns – derzeit etwa 32 Mrd. Euro pro Jahr – fließen statt in die Rentenversicherung in den Aufbau eines Kapitalstocks. Dieser Kapitalstock wird von einem Staatsfonds verwaltet und gewinnbringend investiert. Zum Ausgleich in der Rentenversicherung baut der Staat eine Rentenbrücke, für die er in gleicher Höhe - also ebenfalls derzeit 32 Mrd. € - Anleihen auf dem Kapitalmarkt emittiert. Nachdem der Kapitalstock ausreichend gewachsen ist, zahlt der Staatsfonds die Staatsverschuldung der Rentenbrücke zurück. Die Doppelrente ersetzt nicht die private Vorsorge, sondern macht die Säule der gesetzlichen Rentenversicherung zukunftsfest. Wir wollen weiterhin den Wettbewerb von öffentlicher und privater Rente.
Die Chancen, die der Aufbau eines solchen Kapitalstocks bietet, zeigen die Beispiele der Staatsfonds in Norwegen und Schweden. So lag die durchschnittliche Rendite des norwegischen Pensionsfonds zwischen 1998 und 2018 bei 5,5 Prozent pro Jahr, sein schwedisches Pendant erreichte sogar 6,1 Prozent. Und das, obwohl in diesen zwanzig Jahren mit der Dot-comblase (2001/02) und der Finanzkrise (2008/09) zwei heftige Verlustperioden stattfanden. Und auch unter Einbeziehung der Verluste während der ja noch anhaltenden Corona-Krise ändert sich das Bild nicht. Zwar gibt es dramatische Verluste. Dennoch haben die Norweger über die letzten a0 Jahre ein sehr gutes Geschäft gemacht, selbst wenn sich die bisher aufgelaufenen Verluste wegen Corona noch einmal verdoppeln würden.
Bei der Anlagestrategie können wir uns ebenfalls an den Fonds aus Norwegen und Schweden orientieren: Globale Investitionen mit breiter Streuung und langfristigem Anlagehorizont sind der Schlüssel zu hoher Sicherheit und stabilen Renditen. So ist beispielsweise der norwegische Fonds Anfang April 2020 an 9.202 Unternehmen in 74 Ländern beteiligt. Jedes Markttiming wird bewusst vermieden, stattdessen wird kontinuierlich anhand nachhaltiger Richtlinien, die auch ethische und ökologische Aspekte mit einbeziehen, investiert. Ende April 2020 betrug das Fondsvolumen knapp 1,025 Billionen Dollar.
Der deutsche Fonds soll genau wie seine skandinavischen Vorbilder keine staatlichen Finanzlöcher der öffentlichen Hand stopfen, sondern die Alterssicherung zukünftiger Generationen gewährleisten: Der Kapitalstock ist ein gemäß Art 14 GG geschütztes Eigentum der heutigen Beitragszahler und zukünftigen Rentenbezieher. Das heißt, es wird garantiert, dass alle sich die Rendite nur im Interesse ihrer zukünftigen Renten und nicht nach anderen, tagespolitischen Gesichtspunkten getroffen werden dürfen. Keine Beteiligung darf höher als 5 Prozent ausfallen, es gibt keine Mitwirkung des Fonds Aufsichtsgremien der Unternehmen, an denen er beteiligt ist in, und wenn nicht über Börsen gekauft wird, braucht es immer einen privaten Mitinvestor, der zu gleichen Konditionen und in gleicher Höhe investiert. So wird gewährleistet, dass der Fonds nicht zu einem eigenständigen finanzpolitischen Player wird, der Eigeninteressen vor die seiner Kapitaleigner stellen würde.
Um jeden späteren Missbrauch zu verhindern, sollte der Fonds der Aufsicht der Bundesbank unterstellt werden. Hierdurch wird der Fonds dem Zugriff der jeweiligen politischen Mehrheit entzogen, die versucht sein könnte, das Kapital des Fonds für Wohltaten zugunsten der eigenen Wählerbasis einzusetzen oder für andere politische Projekte
Zur Einrichtung eines Pensionsfonds norwegischer und schwedischer Prägung können 2,5 Prozent des Bruttolohns, das entspricht 13,4 Prozent aller Beiträge zur Rentenversicherung, weniger als ein Siebtel der gesamten Beitragszahlungen, in den Aufbau eines neuen Kapitalstocks fließen. Weil dann der Rentenkasse anfangs diese Beträge zur Auszahlung an heutige Rentner fehlen, begibt sie zum Ausgleich Anleihen. Diese Zwischenfinanzierung werden die Kapitalmärkte mit Kusshand zur Verfügung stellen. Diese Übergangsfinanzierung nutzt die derzeitige Niedrigzinsphase, um sich zu extrem niedrigen Zinsen, im Moment sogar zu null Prozent, zugunsten der Bürger zu verschulden. Der Fonds baut für eine Übergangszeit eine Rentenbrücke, die gleichzeitig aus einem Kapitalstock und einer niedrigeren Staatsanleihenverschuldung besteht. In den kommenden Jahrzehnten wird diese Verschuldung aus den Erträgen des Fonds wieder getilgt.
Wie wirksam die Doppelrente und die Rentenbrücke sind, hängt natürlich vor allem davon ab, wie sich die Rendite des Staatsfonds auf der einen Seite und die Zinsen für Staatsanleihen auf der anderen Seite entwickeln. Vergleicht man für die vergangenen 20 Jahre die Rendite des norwegischen Staatsfonds (5,5 Prozent pro Jahr) mit den Zinsen, die Deutschland für seine Anleihen zahlen musste (0,5 Prozent pro Jahr), ergibt sich eine Nettorendite von 5 Prozentpunkten. In einem marktwirtschaftlichen System muss qua Definition verbrieftes Eigenkapital - also Aktien, Anlagen in Privatfirmen oder Immobilien - langfristig höhere Renditen einbringen, als es Staatsanleihen tun würden. Durch eine globale Anlage kann Deutschland ferner an dem wirtschaftlichen Erfolg anderer Länder teilhaben. Legt man konservativ eine Verzinsung von 3,5 Prozent zugrunde, so könnte der Staatsfonds bis 2050 bereits einen Kapitalstock von sagenhaften 1.933 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Erreicht man die Performance der Schweden sind es sogar noch einmal über 1.000 Milliarden Euro mehr.
Die Rentenbrücke, also die durch Staatsschulden aufgebrachte Übergangsfinanzierung, erreicht in dieser Rechnung ihr Maximum von 1.199 Milliarden Euro im Jahr 2050 und wird danach schrittweise wieder auf Null gebracht. Das mag nach einer massiven Erhöhung der Staatsverschuldung klingen; aber anders als im Falle der weiter aufgedrehten Zuschüsse handelt es sich hier um Beträge, denen mit dem Rentenfonds auch ein entsprechendes Anlagevermögen gegenüberstehen wird. Ferner bestehen schon jetzt Rentenansprüche der Bürger, die der Staat im Umlagesystem ja auch bereits querfinanziert, Tendenz stark steigend. Die Verschuldung besteht also bereits implizit. Durch die Einrichtung des Fonds machen wir uns hier ehrlich und können garantieren, dass die bereits erworbenen Rentenansprüche der Bürger auch befriedigt werden können. Mit der Doppelrente wird es dem Staat ermöglicht, seiner Verpflichtung auch tatsächlich gerecht zu werden.
Das offensichtliche Risiko der stark aktienlastigen Investitionsstrategie von Staatsfonds ist die Performance in Krisenzeiten. So brach zum Beispiel die Rendite des norwegischen Pensionsfonds während der Finanzkrise 2008 um 23,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ein. Durch geschickte Absicherung konnte der Fonds jedoch bereits acht Jahre später den Einbruch wieder kompensieren. In Zeiten der Corona-Krise und damit einhergehender steil sinkender Aktienkurse ist diese Frage brandaktuell. So hat der norwegische Pensionsfonds bis Ende März 2020 bereits 100 Milliarden Euro an Wert verloren, das sind etwa 16 Prozent gegenüber seinem Höchststand, womit der gesamte Jahresgewinn für 2019 verloren gegangen ist.
Dennoch ist die Performance des Fonds über den Zeithorizont von 20 Jahren hinweg immer noch sensationell, gerade wenn man sich das Startkapital im Jahr 1999 vor Augen führt: 23 Milliarden Euro. An dieser hervorragenden Bilanz würde sich auch dann nichts ändern, wenn die Verluste noch einmal doppelt so hoch wären. Langfristig zeigt der Trend wieder steil nach oben. So bleibt die grundlegende Argumentation auch heute die gleiche: Betrachtet man den langen Investitionshorizont des norwegischen und des schwedischen Pensionsfonds, wie es für die Anlage von Renten sinnvoll ist, so werden selbst starke Einbrüche in Krisenzeiten weit überkompensiert.
Stattdessen bietet die Krise einen idealen Startpunkt für den Start eines solchen Fonds. Die Kurse an den Kapitalmärkten sind krisenbedingt stark gesunken. Durch ein breites Portfolio nach norwegischem und schwedischem Vorbild wird eine enorme Risikostreuung ermöglicht, die einzelne Bürger gar nicht abbilden können. Zudem spart ein solcher Fonds wegen seiner Größe Milliarden an Gebühren, verglichen mit den Kosten Doppelrente macht normaler Portfolios. Der norwegische Pensionsfonds macht es uns vor: Trotz des Corona-Rückschlags soll weiterhin in Aktien investiert werden, wobei der Anteil sogar von aktuell 65 auf 70 Prozent hochgefahren wird.
Unser Vorschlag der Doppelrente macht die Finanzierung der Rente im 21. Jahrhundert sicherer - weil er die impliziten Rentenansprüche mit tatsächlichen Vermögenswerten unterlegt. Er macht sie einträglicher - weil er die Differenz zwischen Anlageinvestitionen und Staatsanleihen nutzt. Er macht unsere Wirtschaft dynamischer, weil durch das Kapital des Staatsfonds höhere Investitionen in Zukunftstechnologien ermöglicht werden. Und vor allem: Jeder Rentner profitiert dank Doppelrente vom wirtschaftlichen Erfolg durch die neuen Technologien und vom Wachstum in anderen Regionen dieser Welt - so, wie es die Vermögenden schon heute tun. Der Effekt wird in den nächsten Jahrzehnten einen zwischendurch sicher schwankenden, aber dauerhaft vierstelligen Milliardenbetrag zugunsten der Rentenkasse ausmachen. Die Babyboomer und die nachfolgenden Generationen sollten sich diesen Beitrag zu ihrer Rente nicht entgehen lassen.
© 2020 des Titels »Neustaat« von Thomas Heilmann, Nadine Schön (ISBN 978-3-95972-376-3) by FinanzBuch Verlag, MünchnerVerlagsgruppe GmbH, München. Nähere Informationen unter:www.mg.de