2020 musste die Rentenkasse mit mehr als 75 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt unterstützt werden. Und die Aussichten sind nicht besser: Mit den geburtsstarken Jahrgängen der 1960er Jahre, die auf absehbare Zeit in den Ruhestand eintreten werden, vergrößert sich das Problem. Denn mehr Rentner*innen bedeuten automatisch auch weniger Beitragszahler*innen. Schon 2050, in weniger als dreißig Jahren, kommen auf 100 Arbeitskräfte voraussichtlich 60 Bürger*innen, die älter als 65 Jahre sind. Daher werden Reformen des bestehenden gesetzlichen, umlagefinanzierten Rentensystems unumgänglich sein. Überlegungen zur Ausgestaltung entsprechender Reformen sind daher dringender als je zuvor.
Die Zeit zum Aufschieben ist bereits abgelaufen. Gerade jetzt, zum Ende einer Legislatur - und damit vor Beginn einer neuen Wahlperiode - sollten daher Diskussionen zur Reform der Altersvorsorge geführt werden. Damit dann auch entschlossen gehandelt werden kann. Die Erfahrung zeigt, dass je länger mit erforderlichen Reformen gewartet wird, desto drastischer müssen sie am Ende ausfallen.
Die Reform-Diskussionen sollten ebenso offen wie verantwortungsvoll geführt werden. Hektische Panikmache ist dabei genauso so fehl am Platz wie schlichte Ignoranz. Schließlich geht es um nicht weniger als um die Frage, wie die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Rente als wichtige Säule der Altersvorsorge dauerhaft aufrechterhalten und damit die wirtschaftliche Existenz für Millionen von Menschen in Deutschland im Alter gesichert werden kann.
Diese Diskussion sollte aber nicht losgelöst von weiteren dringenden Zukunftsthemen, wie der Bewältigung des Klimawandels oder der digitalen Transformation geführt werden. Eine entscheidende Rolle kommt dabei der Innovationsfähigkeit unserer Volkswirtschaft zu.
Nur wenn es gelingt, als ressourcenarmes Land dauerhaft innovativ zu sein und zu bleiben, werden wir diese Herausforderungen erfolgreich bewältigen können. Oder zugespitzter formuliert: Nur wenn wir in Deutschland - und Europa - schneller und besser sind, können wir dauerhaft unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern und unseren Wohlstand halten. Und hier könnte sich der Kreis schließen: Denn Innovation und Wachstum benötigen Kapital. Die Idee, die umlage- und steuerfinanzierte gesetzliche Rente durch eine kapitalmarktgedeckte Komponente zu erweitern, die u.a. Investitionen in Innovation und Wachstum ermöglicht, sollte gerade auch vor diesem Hintergrund besondere Beachtung finden.
Rein volkswirtschaftlich betrachtet ist es bedenklich, dass Startups zwar in der frühen, risikoreichen Phase durch Förderprogramme mit staatlichen Investitionen gepusht werden, in späteren Entwicklungsphasen jedoch außereuropäische Investoren die Finanzierungsrunden dominieren - und damit die Wertschöpfung nicht hier bei uns, sondern in den USA oder Asien stattfindet. Diese Problematik liegt vor allem darin begründet, dass es in Deutschland und Europa zu wenig großvolumige Venture Capital-Fonds gibt, die in der Lage sind, wirklich große Finanzierungsrunden zu stemmen.
Es ist erforderlich, einen neuen Kreislauf aus Innovationen, Wachstum und Investitionen zu schaffen, der sich gegenseitig befeuert. Oder anders: Wir müssen, wenn es um die Altersvorsorge geht, zukunftsorientierter handeln! Das Budget des Bundesministeriums für Bildung und Forschung nimmt aktuell mit rund 20 Milliarden Euro noch nicht einmal ein Drittel der Summe des Steuerzuschusses für die Rentenkasse ein. Auch wenn dieser direkte Vergleich natürlich hinkt, verdeutlicht er doch ein Ungleichgewicht zulasten unserer Zukunft.
Die benötigte Reform der Altersvorsorge ist insofern nicht nur eine Herausforderung, sondern sollte vor allem auch als Chance gesehen werden, Deutschland insgesamt zukunftsfest aufzustellen. Eine sichere Alterssicherung zu schaffen und gleichzeitig mehr Investitionen für Innovationen und Wachstum zu ermöglichen, ist dabei gerade keine Quadratur des Kreises. Vielmehr gilt es beides miteinander intelligent zu vereinen.